Werdegang eines Artikels, der dann in der SZ erschien ...

Anfang des Jahres 2021 erhielt ich einen Anruf von der für Kamenz zuständigen Redakteurin, die über den "Verein zur Förderung politischer Bildung e. V." einen Artikel verfassen wollte. Wir vereinbarten ein Treffen, welches in den Räumen der Sächsischen Zeitung in angenehmer und freundlicher Atmosphäre stattfand.
Zum Schluß erklärte mir Frau Garten, die Redakteurin, sie würde mir den Entwurf des Artikels zusenden. Ich möge nach dessen Lektüre ihr mitteilen, ob ich noch Änderungswünsche hätte. - Im Folgenden unsere Korrespondenz und den endgültigen Artikel:

22. Januar 2021
Artikel zum Verein zur Förderung politischer Bildung

Hallo Herr Reimann,
 
ich habe jetzt den Artikel fertiggeschrieben. Es hat etwas länger gedauert, weil ich noch andere Meinungen dazu einholen wollte. Bitte lesen Sie den Text auf sachliche Richtigkeit (Ihre Passagen) und geben mir dann bis Dienstagvormittag Bescheid, ob etwas geändert werden soll. Das ist per Mail oder Anruf möglich.
 
Verein zur Förderung politischer Bildung - Was steckt dahinter?

  In Kamenz gibt es seit reichlich einem Jahr einen Verein, der öffentliche Veranstaltungen anbietet. Ein Blick auf die Referenten wirft Fragen auf.
 
Kamenz. Politische Bildung ist wichtig, egal, in welcher Zeit man lebt, egal in welchem Alter. Und so klingt es gut, wenn sich auch in Kamenz ein Verein zur Förderung politischer Bildung gründet. So geschehen im Oktober 2019. Groß in die Öffentlichkeit tritt der Verein nicht, aber er bietet Veranstaltungen – Vorträge mit Diskussionsrunden – an, an denen jeder teilnehmen kann, der sich dafür interessiert.
 
Doch was steckt hinter dem Verein, mit welchen Inhalten soll politische Bildung vermittelt werden? Vorsitzender des Kamenzer Vereines ist Stefan Reimann, Wirtschaftsprüfer und AFD-Stadtrat. Er selbst bezeichnet sich als libertär, und stellt die Frage: „Brauchen wir den Staat?“. Der Verein orientiert sich insbesondere an den Lehren der sogenannten Österreichischen Schule der Nationalökonomie, speziell die von Ludwig v. Mises, August v. Hayek und Murray N. Rothbard.
 
Bevor Reimann Mitglied der AFD wurde, war er in der CDU, dann in der FDP. Gerade in der jetzigen Pandemie sagt Reimann, dass er kein Corona-Leugner sei, aber dass er mit den vom Staat verordneten Maßnahmen nicht konform gehe. Schatzmeister des Kamenzer Vereines ist der Pulsnitzer Schriftsteller C. F. Schultze, vor seinem Ruhestand Jurist, und jetzt AFD-Stadtrat in Pulsnitz. Schaut man sich den Veranstaltungsplan und die Referenten des Vereines an, ist eine rechte Tendenz unverkennbar. Da tauchen zum Beispiel Karsten Hilse, AFD-Bundestagsabgeordneter, und sein Büromitarbeiter Ralf-Peter Hechtberger auf. Aber auch Helmut Roewer, ehemaliger Thüringer Verfassungsschutzpräsident, und Josef Kraus, ehemaliger Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, waren Referenten oder als solche angefragt. Themen, die diskutiert wurden, waren unter anderem „Der I. Weltkrieg und seine Folgen“ oder „Von Beethoven zu Feine Sahne Fischfilet – was läuft schief in unserem Bildungswesen“.
 
Unabhängig von Themen und Referenten sagt der Vereinsvorsitzende: „Wir sind uns einig, dass der Verein nicht durch die Hintertür mit Parteipolitik kommt, sondern wir wollen – manchmal bewusst provokativ betitelt – über aktuelle und historische Ereignisse debattieren“. Er sagt auch, dass selbst innerhalb des Vereines bei vielen Diskussionen die Meinungen auseinandergehen.
Mit politischer Bildung befasst sich auch die sächsische Landeszentrale für Politische Bildung. Thomas Platz, Mitarbeiter im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, schätzt ein, dass der Kamenzer Verein bisher nicht breit in Erscheinung getreten und der Landeszentrale daher auch nicht bekannt ist. „Die Besetzung des Vorstandes mit aktiven Parteimitgliedern der AfD deutet darauf hin, dass dieser Verein im politischen Umfeld der AfD angesiedelt ist“, so Thomas Platz. Damit setze sich ein Trend fort, denn die AfD habe in den letzten Jahren an unterschiedlichen Orten und verschiedenen Bundesländern ähnlich gelagerte Vereine und Stiftungen gegründet mit dem von ihre angegebenen Ziel der politischen Bildung und Meinungsbildung. Unter guter politischer Bildung versteht Platz, dass auch von parteinahen Trägern eine geistige Offenheit für andere politische Richtungen und eine offene Auseinandersetzung mit anderen Positionen stattfinden. „Das unterscheidet politische Bildung von politischer Werbung“, so Platz. Darüber hinaus sollten die Ablehnung des Nationalsozialismus und der DDR-Diktatur sowie die Verankerung der demokratischen Grundordnung Grundlage jeder politischen Bildung sein.
 
Der Kamenzer Bürgermeister Roland Dantz (parteilos) war selbst schon dreimal bei Veranstaltungen des Vereines zur Förderung politischer Bildung. Er schätzt den Verein als konservativ ein und betont, dass politische Bildung etwas anderes sei als politische Propaganda. „Der Verein vertritt ein liberales Wirtschaftssystem“, sagt Roland Dantz, und er findet es völlig legitim, dass sich Rechtsliberale austauschen. „Ich fand die Vorträge interessant und finde es gut, dass auch philosophische Fragen diskutiert werden. So etwas gibt es hier im ländlichen Raum nur ganz selten“, so Dantz. Der Bürgermeister ist davon überzeugt, dass es ein Bedürfnis gibt, konservative Werte zu zeigen und zu diskutieren. Dantz ist klar, dass dem Kamenzer Verein eine gewisse AfD-Nähe anhaftet. „Aber andere Parteien haben ja auch ihre Stiftungen, die Bildungsangebot unterbreiten“, so der Bürgermeister. Als Beispiel nennt er die CDU-nahe Konrad-Adener-Stiftung oder die Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD.
 
 
Ein schönes Wochenende wünscht Heike Garten
 
 
Heike Garten Redakteur/Reporterin
Lokalredaktion Kamenz
Theaterstraße 3 1917 Kamenz
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25. Januar 2021
Artikel zum Verein zur Förderung politischer Bildung

Sehr geehrte Frau Garten,

herzlichen Dank für die Übersendung Ihres Artikels.

Coronabeschränkungen bedingt, konnten wir als Verein leider noch nicht die gewünschte öffentliche Aufmerksamkeit erringen. - Das wird sich hoffentlich bald ändern. Vielleicht wird Ihr Artikel mit dazu beitragen.

Mit dem Mitarbeiter der sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, den Sie in Ihrem Artikel erwähnen, werde ich mich gerne in Verbindung setzten und Ihn zu unseren Veranstaltungen einladen. Vielleicht können wir ihn ja überzeugen, daß wir kein Verein, im politischen Umfeld der AfD sind (oder gar von der AfD gegründet wurden), der politische Werbung unter dem Mantel der politischen Bildung „verkaufen“ möchte.

Auf jeden Fall hoffe ich, daß Sie - aufgrund des in Ihrem Hause geführten Gesprächs, wofür ich mich hiermit nochmals bedanke - keinen Zweifel haben, an meiner geistigen Offenheit für andere politische Richtungen und für eine offene Auseinandersetzung mit anderen Positionen. Daß ich eine klare politische Meinung vertrete, das ist allen, die mich kennen bekannt, auch dem Landesvorsitzenden der AfD. Ich will nicht verschweigen, daß eine Partei für mich ein Instrument ist, gesellschaftliche Vorstellungen durchzusetzen. Für mich sind dies Freiheitliche - und aufgrund meines Alters: ohne Kompromisse. Dies ist der Grund, weshalb ich jeglichen Sozialismus (Zwangs-Kollektivismus), sei es nationaler oder sonstiger, ablehne und da folgt mir unser Vorstand und die Mitglieder. Aber dies sagte ich bereits bei unserem Treffen.

Was wir uns auch - sobald man uns wieder lässt - auf die Fahne geschrieben haben, ist, Veranstaltungen zur Lösung der politischen Begriffsverwirrung anzubieten. „Rechts", „Links", „Soziale Gerechtigkeit“, „Anarchismus", „Kommunismus“ etc. sind Begriffe, die in der Schule - bedauerlicherweise auch auf Gymnasien - nicht genügend diskutiert werden. Wem ist bewußt, daß neben dem Zwangskommunismus ein „Freiwilliger Kommunismus“ möglich ist. Nicht nur in Amerika gab es solche Gemeinschaften die, die Produktionsmittel freiwillig als Kollektiveigentum nutzten; auch nicht weit von hier, lebten die Böhmischen Brüder (vor ca. 300 Jahren) ebenfalls in solch einem (freiwilligen) Kommunismus. Allerdings waren diese Gemeinschaften sehr übersichtlich. (Die Böhmischen Brüder hatten m. W. in ihrer Hochzeit nicht mehr als 20.000 Mitglieder.) - Das Selbe gilt für den Begriff „Anarchismus“. Wer fürchtet da nicht gleich Chaos und Gewalt? - Ob nicht auch ohne staatliche Privilegien und damit erzwungenen Monopolen Frieden herrschen könnte, wird selten hinterfragt. Aber genau dies zu diskutieren, wollen wir als Verein anregen. - Bevor ich mich entscheide, sollte ich mich informieren! Das ist unser Credo und da wollen wir helfen!

Lassen Sie mich zum Abschluss nochmals wiederhohlen, was ich Ihnen bei unserem Treffen sagte: Alle Parteien haben ihre Flügel, Strömungen oder wie immer Sie dies ausdrücken wollen. Und diese stehen im Wettbewerb miteinander. Dies sehen wir jetzt bei der CDU, früher bei der SPD und den Grünen. Die AfD ist da keine Ausnahme.

Unser Verein versucht mit freiheitlichen Argumenten zu beeinflussen, in die AfD hinein aber auch in die anderen Parteien. Sollten wir Sympathisanten oder Parteimitglieder der CDU, SPD, FDP oder der Grünen dahin bewegen können, daß sie in ihren Parteien freiheitliche Positionen vertreten - und damit weniger staatliche Bevormundung -, wäre dies für uns ein großer Erfolg! Voraussetzung ist hier aber Wissen um gesellschaftliche Zusammenhänge.


Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Gedanken in Ihrem Artikel noch berücksichtigen könnten. Als „Rechte“ wollen wir uns nur dann bezeichnen lassen, wenn damit gemeint ist: „Freiheitliche“! NSozialistischeDAP und Gleichgesinnte waren dies nie!


Treffend beschrieben hat dies F. A. v. Hayek in dem 1944 erschienenen Buch: „Der Weg zur Knechtschaft, gewidmet den Sozialisten in allen Parteien.“

Ich werde Sie gerne zu unseren nächsten Veranstaltung einladen - irgendwann muß ja auch Corona erledigt sein.


Mit freundlichen Grüßen
Stefan Reimann